Wenn digitales Leben zur Gefahr wird
Polizeistatistiken zufolge unterschätzen viele Jugendliche nach wie vor diverse Gefahren sozialer Medienplattformen. Zu einer Zeit, in der solche neuesten Medien zunehmend in den Alltag vieler Menschen integriert sind, bedient sich aktuell das flexible englischsprachige Tandem Theater@School des alten Mediums, um genau diese Problematik in seinem kurzweiligen Stück „Life Online“ zu präsentieren.
Kürzlich hat die Oberstufen-Schülerschaft des Hermann-Pistor-Gymnasiums Sonneberg im Rahmen ihres Englischunterrichtes einen lehrreichen Einakter in der Wolke 14 besucht. Die englische Theatergruppe, die vor Ort durch die Akteure Martin Ruddy (Nordirland) und Vanessa Rose (Nordengland) vertreten gewesen ist, macht in ihrem zeitgenössischen Stück „Life online“ die Zuschauer auf Gefahren aktueller Medien aufmerksam, indem sie das Risiko des Benutzens vielversprechender Dating-Apps explizit darstellt.
Die Rahmenhandlung wird auszugsweise mit einem Verhör bei Gericht eingeleitet, bei der die Hauptdarstellerin Rose alias Kate ihre Erfahrungen mit der digitalen Welt reflektiert:
Das junge Mädchen, welches zunächst erfrischend viel Lebensfreude ausstrahlt, sehr zielstrebig ist und deshalb auch sehr gute Noten erreicht, plant bereits ihre Zukunft auf der Universität in Cambridge. Im Gegensatz zu all ihren Freunden und Familienmitgliedern lässt sie das virtuelle Leben in diesem Rückblick noch konsequent außer Acht.

Danny (Martin Ruddy) und Kate während ihres Kinobesuches
Doch deren Einfluss auf Kate sorgt dafür, dass auch sie beginnt, soziale Medien exzessiv zu nutzen, um nicht permanent als „digitaler Dinosaurier“ diffamiert zu werden.
Trotz anfänglicher Vorsicht im Internet begeht sie einen fatalen Fehler, der sie in naher Zukunft büßen lässt: Sie meldet sich auf einer Dating-Plattform an, obwohl ihr das ihr Vater strikt verboten hat. Damit lernt sie ihren vermeintlichen Traummann Henry kennen, welcher die gleichen Interessen wie sie zu haben scheint.

Henry (Martin Ruddy) und Kate online
Kate verliebt sich kopflos in den jungen Mann und hofft auf die hingebungsvolle Liebe seinerseits, auch wenn sich die Beiden in der realen Welt noch nie begegnet sind. Durch ihren ständigen Internetkontakt vernachlässigt sie zunehmend die schulischen Pflichten, worunter ihre Noten leiden und sie letztendlich eine Studienabsage von der Universität erhält. Leider bemerkt sie nicht, dass Henry es dabei nur auf Eines abgesehen hat: Er spekuliert auf Nacktbilder von Kate. Obwohl sich das junge Mädchen prinzipiell der Gefahren solcher Bilder im Netz bewusst ist, schickt sie die von Henry gewünschte Datei an ihren Schwarm. Schon am nächsten Tag wird sie auf diese Bilder angesprochen und realisiert, dass Henry nicht der ist, für den sie ihn gehalten hat. Infolgedessen wird sie von einigen Schülern schikaniert, woraufhin sie sogar daran denkt, Selbstmord zu begehen …
Durch ihre authentische darstellerische Leistung ist es den Theatermachern gelungen, das Publikum zu ergreifen und zu animieren, seinen Gebrauch sozialer Medien zu überdenken. Martin Ruddy, der in drei Haupt- und mehrere Nebenrollen schlüpft sowie in der Lage ist, jede charakterspezifische Facette hervorzuheben, begeistert die Zuschauer nicht zuletzt durch seine Tanzeinlagen mit seiner Partnerin Vanessa Rose beim Requisitenwechsel. Diese hingegen übernimmt ausschließlich die Rolle der Kate, in welcher sie sich ausdrucksstark manifestiert. Dabei präsentiert sie eindringlich die Entwicklung eines zielstrebigen und lebensbejahenden Mädchens zu einer süchtigen Internetnutzerin, die das reale Leben mitunter extrem vernachlässigt, aber auch ihre medialen Probleme mit Hilfe Dritter löst. Weitere Effekte wie satirische Übertreibungen sind zudem mit passender Musik untermalt, was eine enthusiastische Wirkung im Zuschauerbereich erzeugt. Besonders hervorzuheben ist die nachhaltige Interaktion mit dem Publikum, wozu beispielsweise ein Schüler ausgewählt wird, um spontan eine Statistenrolle im Stück zu übernehmen. Auch diese Mittel wirken humoristisch und lockern die Handlung auf, weshalb Langeweile im Publikum außen vor geblieben ist.
Des Weiteren sind die überwiegend umgangssprachlich gehaltenen englischen Bühnendialoge dem Sprachniveau der empfohlenen Schülerschaft angemessen, wodurch die Zielgruppe die Handlung sehr gut nachvollziehen kann. Aufgrund der hervorragend angewandten Mimik und Gestik wird auch unbekannter Wortschatz verstanden.
Anschließend hat eine Podiumsdiskussion stattgefunden, in der das Auditorium die Gelegenheit genutzt hat, Fragen an die Darsteller zu stellen. Neben Details zum Schauspiel sind Letztere auch auf einige persönliche Aspekte eingegangen, was erneut von hoher Authentizität der Darsteller zeugt.
Das Theaterstück soll die Konsequenzen des falschen Umgangs mit den modernen Internetplattformen, insbesondere Facebook, Instagram, Snapchat und Dating-Apps, vermitteln. Die digitale Anpassung spielt in unserer heutigen Zeit eine sehr große Rolle und gilt mitunter als gesellschaftlicher Zwang, was in dem Theaterstück ebenfalls deutlich wird. Durch repräsentative Studien ist bereits des Öfteren nachgewiesen worden, dass leichtfertige Internetnutzung nicht selten der Grund für einen Selbstmord der Opfer ist. Nach Angaben der Kriminalpolizei gibt es auch in unserer Region eine Dunkelziffer von Betroffenen, die ihre Opferrolle nicht öffentlich preisgeben. Bereits der im Freien Wort erschienene Bericht „Jugend verliert den Bezug zur realen Welt“ vom 04.12.2017 besagt, dass einige Jugendliche die digitalen Medien täglich übermäßig oft und nicht selten zu lange verwenden, wobei deren Nutzungsdauer von Smartphones von dreieinhalb bis sieben Stunden pro Tag ausreicht, um in bedenkliche Abhängigkeit von diesen Medien zu geraten und den Kontakt zur realen Welt im schlimmsten Fall komplett zu verlieren. Dies wird im Theaterstück „Life online“ eindringlich reflektiert, was beweist, dass die Schauspieler großen Wert auf die Aktualität und Relevanz ihrer Themen legen, um das jeweilige Publikum damit zu konfrontieren, in der Hoffnung, die intendierten Wirkungen zu erzielen. Sie wollen darauf aufmerksam machen, dass das reale, analoge Alltagsleben mit einem gesunden Maß von Sport und Spiel weitaus wichtiger und produktiver ist als ein nahezu pausenloser Hyperkonsum von mitunter nutzlosen digitalen Dauergesprächen. Demnach ist den Schauspielern die unmittelbare Resonanz ihres jugendlichen Publikums enorm wichtig.
Schlussfolgernd ist festzustellen, dass es den Schauspielern exzellent gelungen ist, dieses ernste Thema in einer unterhaltsamen und künstlerischen Weise darzustellen, weshalb wir dieses Theaterstück definitiv weiterempfehlen. Es bietet eine sehr gute Gelegenheit, Jugendlichen ein englischsprachiges Stück zu zeigen, die vorher noch nie ein solches gesehen haben.
Ein besonderer Dank gilt unserer Englischlehrerin Frau Cornelia Petzold und ihren Kolleginnen der Fachschaft, die das Projekt organisiert und für uns Englischunterricht auf diese Weise möglich gemacht haben.

Text: Marie-Christin Hofmann, Joana Sesselmann, Kurs 19En3
Fotos: Fabian Schillig, Kurs 19En3